Mit allen Sinnen erleben

REPORTAGE Ein Besuch auf der Bundesgartenschau in Heilbronn (D, BW). Natur, auch in Symbiose mit moderner Technik, ließ sich hier in vielen Facetten erleben. Ruhezonen luden zum entspannen ein. Am 6. Oktober ging die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn zu Ende.

Vom 17. April bis zum 6. Oktober 2019 hatte sie ihre Pforten geöffnet: die Bundesgartenschau Heilbronn (BUGA). Geschätzt haben sie in dieser Zeit etwa 2,2 Millionen Menschen besucht. Die BUGA sprach Gartenliebhaber, als auch Interessierte für Architektur und Stadtentwicklung gleichermaßen an. Mitten in der Stadt sind Park- und Erholungsräume, Seen und reizvolle Uferlandschaften entstanden. Die Reportage von Aloisia Streicher, die sie nach ihrem Besuch auf der BUGA geschrieben hat, vermittelt einen Eindruck von dieser Bundesgartenschau.

Eine ehemalige Industriebrache auf dem Neckarbogen hat sich in eine Gartenschau mit integriertem Wohnquartier entwickelt. Im Quartier wohnen heute etwa 700 Menschen. Bis 2030 sollen es 3.500 sein, die hier neuen Wohnraum finden. Verschiedene Wohnformen entstehen, unterschiedliche Familienstrukturen sowie Arbeiten und Leben für Menschen mit Handicap. Und das alles mit kurzen Wegen.

IN PINK BUGA-Zwerg Karl ist das Maskottchen der Bundesgartenschau Heilbronn | Foto: Aloisia Streicher

IN PINK BUGA-Zwerg Karl ist das Maskottchen der Bundesgartenschau Heilbronn

Pünktlich, morgens um neun Uhr, öffnet die BUGA ihre Pforten. Es empfiehlt sich zeitig dort zu sein, um das weitflächige Angebot mit allen Sinnen erleben zu können.

Bunte Flaggen weisen den Weg zu den Eingängen. Auf den großzügig angelegten Parkplätzen kann man für 5 Euro Tagespauschale sein Auto abstellen. Für Elektrofahrzeuge, in der Regel PKW, sind viele Ladesäulen für den Steckertyp II vorhanden, leider keine Schukosteckdosen für Elektroroller.

Am Eingang empfängt ein pinkfarbener Zwerg die Besucher. Es ist BUGA-Zwerg Karl, das Maskottchen der BUGA Heilbronn. Die Beschilderung auf dem Gelände ist lobenswert und anhand des Lageplans findet man sich sehr gut zurecht.

Gleich zu Beginn des Rundgangs über das Gartenschau-Gelände fallen die bunten Liegestühle auf, die zum Relaxen einladen. Am kleinen See tummelt sich eine Schwanenfamilie mit ihren Jungen. Informiert wird hier über naturnahes Gärtnern, den eigenen ökologischen Fußabdruck bis zur Erschaffung ökologischer Naturräume für Insekten und Vögel.

Steinmauern, eingepackt in Metallkonstruktionen, verdrängen mehr und mehr die blühenden Vorgärten.

Ich erfahre, dass diese Steinmauern wie Blockheizkraftwerke wirken und aufgrund der hohen Temperaturen in der Mauer - gemessen an diesem Morgen: 29,8 Grad bei 35 Prozent Luftfeuchtigkeit - die Insekten hier keine Chance für Futter- und Nistmöglichkeiten haben. Hinweistafeln geben Tipps, wie es gelingt, vogelfreundliche, fledermausfreundliche und eidechsenfreundliche Gärten anzulegen. Ein naturbelassener Spielplatz für Kinder rundet diesen ersten Rundgang ab.

Ausstellung "Zeitreise Neckar"

Behandelt wird der Neckar, mit seinen Schleusen, Gebäuden und die Personen, die hier arbeiten oder gearbeitet haben. Auf dem BUGA-Gelände befinden sich mehrere technische Kulturdenkmale und archäologische Ausgrabungen, die mit dem Neckar in direktem Zusammenhang stehen. In der Ausstellung begibt sich der Besucher zusammen mit dem Fluss auf eine Zeitreise, welche die wichtigsten Funktionen des Flusses beleuchtet. Auch über Forschungsergebnisse und Untersuchungsmethoden wird informiert. Neben echten Exponaten, die gezeigt werden, gibt es Mitmachstationen und eine Videoleinwand über Denkmalpflege. Als Sonderbeitrag zum 100-jährigen Bauhausjubiläum erfahren die Neckarstaustufen des Architekten Paul Bonatz eine besondere Würdigung.


Fotostrecke

TOP AUSGESCHILDERT Das BUGA-Gelände in Heilbronn | Foto: Aloisia Streicher
ÖDNIS Solche Steinwüsten sind für Insekten nicht geeignet | Foto: Aloisia Streicher
WASSERSPIELE Der Neckar (Fluss) spielt auf der BUGA Heilbronn eine besondere Rolle | Foto: Aloisia Streicher

Themenreich Die BUGA Heilbronn informiert, sensibilisiert und unterhält.


Auf dem BUGA-Gelände gibt es Ruhezonen, entweder direkt beschaulich am Ufer mit Blick auf das neue Wohnquartier oder auf einem der großen Ruhekissen, die bei den Besuchern dem Augenschein nach sehr beliebt sind.

Für die jungen und die junggebliebenen Besucher gibt es einige Meter weiter eine Kletterwand, an der man sich erproben kann. Jedem gesicherten Kletterfreund steht eine erfahrene Aufsichtsperson der Bergwacht zur Seite.

GRÜNE INSEL Blütenmeere und Themenparks auf der BUGA Heilbronn | Foto: Aloisia Streicher

GRÜNE INSEL Blütenmeere und Themenparks auf der BUGA Heilbronn

Wer kennt sie nicht – das berühmte "Käthchen von Heilbronn". Inmitten vieler Rosensorten, die ihre lieblichen Düfte verströmen, gibt es eine Duftrose, die nach der historischen Figur „Käthchen von Heilbronn“ benannt wurde.

Überall sind üppige Blütenmeere in fröhlichen, leuchtenden Farben. Es gibt sowohl automatische Bewässerungssysteme, die die Feuchtigkeit als Sprühnebel verteilen, als auch fleißige Gärtner, die aktiv bewässern, damit das Blühparadies noch lange erhalten bleibt.

Die Ausstellung "Was ein Fuchs tun muss" informiert den Besucher mehr über die Aufzucht, Pflege von Fuchsien Bonsais. Aus alten, nicht mehr ganz vitalen Fuchsien entstehen bei richtiger Pflege und Gestaltung neue Fuchsien Bonsais. Viele der gezeigten Pflanzen sind bereits über 20 Jahre alt.

Der SWR sendet vom Gelände der Bundesgartenschau in Heilbronn. Im SWR Studio im Fruchtschuppen können Besucher vor Ort einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Ich besuche weitere Ausstellungen mit vielen Infos über nachhaltige Holzbaukultur im Alpenraum, nachhaltige Baustoffe, Dämmung ohne Chemie und vieles mehr. Ich erfahre etwas über die Stadt Füßbach mit dem Projekt "eFüßle" - ein Bioenergiedorf fährt elektrisch, die Entwicklung alternativer Pflanztöpfe, Graspapier, Linsenanbau in Baden-Württemberg und über die Höri-Bülle, die Diva unter den Zwiebeln, die nur auf der Halbinsel Höri am Bodensee angebaut wird.

Es ist mittlerweile Mittag und so langsam wird es Zeit für eine Vesperpause.

Himmelbetontgrün – vom Dachgarten auf den Teller

Hier erfährt der Besucher alles über das Urban Gardening, gemeinschaftliches Gärtnern mitten in der Stadt. Den Anbau von gesunden Lebensmitteln und die Förderung der Gemeinschaft. Dachterrassen lassen sich so optimal nutzen.

ABKÜHLUNG GEFÄLLIG Figuren am Kanal auf der BUGA Heilbronn | Foto: Aloisia Streicher

ABKÜHLUNG GEFÄLLIG Figuren am Kanal auf der BUGA Heilbronn. Gleich geht's baden.

An der Schleusenbrücke Wilhelmskanal erkennt man erst auf den zweiten Blick die Skulpturen in Badebekleidung. Sie erfrischen sich unter den aufgestellten Duschen am Kanal. Bei dem heißen Wetter, heute, möchte man fast neidisch werden.

Der Weg führt vorbei an der Experimenta wieder zurück. Mit der BUGA Eintrittskarte kann man für 4 Euro Aufpreis die Experimenta besuchen, sollte die Zeit dafür noch ausreichen. Denn es gibt auf dem Gelände noch vieles zu entdecken. Sollten dabei die Füße müde werden, gibt es die Möglichkeit den kostenlosen Schiff-Shuttle in Anspruch zu nehmen. Der Service an den Anlegestellen ist begehrt.

Mein Weg über das Gelände führt mich vorbei an Zitronen Skulpturen – die die Sehnsucht des Südens verkörpern, an Mauern aus Sandsäcken, als eine Art Transformation einer Stadtlandschaft, bis zu einer weiß lackierten Skulptur aus Stahl.

Ein Fahrzeug, das autonom fährt, interessiert mich. Es ist ein Projekt der Hochschule Heilbronn. Das Fahrzeug stellt den Bewohnern des Quartiers Pakete zu, denn während der BUGA dürfen die Bewohner im Zeitraum von 9 bis 19 Uhr nicht mit ihren eigenen Fahrzeugen zu ihren Wohnungen fahren.

200 Jahre Mobilitätsgeschichte

Das Deutsche Zweirad- und NSU-Museum in Neckarsulm stellt sich mit der deutschlandweit größten historischen Sammlung entsprechender Fahrzeuge vor. Ich laufe weiter und informiere mich über Deutsche Speisepilze unter dem Motto "Gesunder Genuss".


Fotostrecke

SONNENPLATZ Da lacht die Sonnenblume und die Biene freut sich auf der BUGA 2019 in Heilbronn. | Foto: Aloisia Streicher
ROSENMÄDCHEN Käthchen von Heilbronn auf der BUGA 2019 | Foto: Aloisia Streicher
MENSCH AUS STAHL Kunst und Garten passen gut zusammen | Foto: Aloisia Streicher

Kunst und Garten Die Sonnenblume lacht und auch das Käthchen.


Zur Kaffeezeit entdecke ich einen Wasserspielplatz. Hier herrscht buntes Treiben. Eltern mit ihren Kindern und Großeltern mit Enkelkindern haben den Platz in Besitz genommen. Kinder hüpfen und plantschen, schreien und juchzen. Die kleinen Kinderhände wollen die Wasserstrahlen festhalten. Ein Paradies für Kinder – sicher auch noch nach der BUGA.


Fotostrecke

Wasserspiele #1 - BUGA Heilbronn 2019 | Foto: Aloisia Streicher
Wasserspiele #2 - BUGA Heilbronn 2019 | Foto: Aloisia Streicher
Wasserspiele #3 - BUGA Heilbronn 2019 | Foto: Aloisia Streicher

Wasserreich Das blaue Nass ist auf der BUGA allgegenwärtig.


Meinen BUGA-Abschluss mache ich über die Gemüsegärten. Hier findet man viele Salatsorten, Kartoffeln, Porree, Rosenkohl, Brokkoli, Zucchini und Gurken. Im Gewächshaus hängen die roten Tomaten auf einer Seite und auf der anderen Seite verschiedene Paprikasorten und Peperoni - allesamt reif zur Ernte. Um das Gewächshaus herum stehen Sträucher mit Gojibeeren. Gegenüberliegend erfahren ich etwas über Getreidesorten.

Die letzte Ausstellung, die ich besuche, dreht sich um das Handwerk. Insgesamt war ich fast neun Stunden auf der Gartenschau unterwegs und habe dabei fast neun gelaufene Kilometer - ohne Shuttle - zurückgelegt. Dabei habe ich mit Sicherheit nicht alles gesehen. Aber das, was ich gesehen habe, war interessant und kurzweilig.

Aloisia Streicher

hochblau Magazin 1/2019 Lies den Bericht "BUGA Heilbronn: Besuch für Kurzentschlossene" als PDF.

Auszug aus hochblau Magazin 1/2019 vom 19. September 2019 - Seite 12

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hochblau Magazin 2019 © hochblau

BUGA-DETAILS
BUGA – Bundesgartenschau Heilbronn vom 17.04. bis 06.10.2019

Weitere Infos zur BUGA Heilbronn hier:
www.buga2019.de

LAGE
Deutschland, Baden-Württemberg, Heilbronn

ÜBER HEILBRONN:
Einwohner: etwa 125.000
Fluss Neckar fließt mitten durch Heilbronn

ESSEN UND TRINKEN
Die Gastronomie auf der BUGA Heilbronn ist mit einem vielseitigen Angebot vertreten. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Die Preise liegen im mittleren bis höheren Segment.

REGIONENGÄRTEN
Sechs verschiedene Bereiche zeigen typische Gärten aus den unterschiedlichen Regionen Baden-Württembergs: Regionengarten 1 - Enzgärten/Mühlacker; Regionengarten 2 - Bodensee-Oberschwaben; Regionengarten 3 - Unterer Neckar; Regionengarten 4 - Stuttgart; Regionengarten 5 - Nord-Schwarzwald; Regionengarten 6 - Franken

KÄTHCHEN VON HEILBRONN
Das »Käthchen von Heilbronn« ist ein großes historisches Ritterschauspiel von Heinrich von Kleist (1777–1811). Es wurde erstmals 1810 in Wien aufgeführt. Die Handlung, die im Spätmittelalter angesiedelt ist, spielt in Württemberg. Es wird vermutet, dass diese, wie auch die Personen des Stücks der Phantasie des Lyrikers entspringen. Denn es lassen sich bis heute keine historisch gesicherten Berührungspunkte nachweisen. Im 19. Jahrhundert waren die Theateraufführungen des Käthchen von Heilbronn ein Kassenschlager. In Heilbronn hat das "Kätzchen" auch schon deshalb Tradition. Ein imposantes, mittelalterliches Gebäude mit Renaissance-Erker am Marktplatz heißt heute "Käthchenhaus". Und alle zwei Jahre wird in Heilbronn ein "Käthchen von Heilbronn" als sympathische Botschafterin der Stadt gewählt. Heilbronn hat mit Frankfurt/Oder, dem Geburtsort von Heinrich von Kleist, seit 1988 eine Städtepartnerschaft.

PASSENDE ZITATE
"Die Beschäftigung mit Erde und Pflanzen kann der Seele eine ähnliche Entlastung und Ruhe geben wie die Meditation." (Hermann Hesse)
"Die pralle Sonne auf dem Rücken, während man sich über Schaufel oder Hacke beugt oder beschaulich den warmen duftenden Lehmboden riecht ist heilender als manch eine Medizin." (Charles Dudley Warner)

AUSBLICK
Landesgartenschau Überlingen 2020 vom 23.04. bis 18.10.2020
BUGA 2021 in Erfurt vom 23.04. bis 17.10.2021

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ABBILDUNGEN
Titelbild: Bunte Liegestühle auf der BUGA Heilbronn © Aloisia Streicher
Bilder im Text: alle © Aloisia Streicher


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