Mit dem Stromerle unterwegs

E-MOPED-TOUR Im Sattel eines Elektro-Mopeds geht der leise Ritt in den nahen Nordschwarzwald nach Bad-Liebenzell und weiter zu den Klosterruinen nach Hirsau

Mit ordentlichem Tempo auf der Geraden surrt das elektrisch angetriebene Gefährt an zwei E-Bikern vorbei, die gemütlich die Pedale ihrer Pedelecs treten. Die beiden staunen, wie lautlos sie überholt werden. Während sich die Radler noch wundern, dröhnt auf der Gegenfahrbahn ein Biker mit seinem Motorrad unter ohrenbetäubendem Gejohle vorbei. Dann kehrt wieder Ruhe zurück und gestattet dem Fahrer des Elektro-Gefährts, mit beinahe allen Sinnen in die Schönheit der umgebenden Natur einzutauchen.

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ETAPPENSIEGER Schneller als mit dem Fahrrad geht es mit dem Elektro-Moped - und dabei genauso leise.

Bei oben erwähntem Fahrer, handelt es sich um den Schreiber dieses Artikels.

Ein lauer Fahrtwind weht mir um die Nase. Mein elektrisches Fahrzeug hat keine vier, sondern nur zwei Räder und auch nur einer Handvoll PS. Es ist ein Elektro-Moped (E-Moped), mit dem ich unterwegs bin. Mein Ziel sind die Klosterruinen in Calw-Hirsau (D, BW, Kreis Calw).

Elektro-Enthusiasten

„Elektromobilität“ ist mittlerweile in aller Munde. Im Kopf haben die allermeisten dabei ein Automobil. Liebevoll spricht man hier von einem „Stromer“. Damit ist im Schwabenländle, wo wir uns gerade aufhalten, logische Konsequenz: Das E-Moped muss ein „Stromerle“ sein.

Der kleine „Stromer“ hat einen Gasdrehgriff und ist mit seinem Elektroantrieb bis zu 45 Stundenkilometer schnell. Mit mehr als 60 Kilometern Reichweite – bei vollen Akkus - taugt das „Stromerle“ hervorragend für meinen Ausflug nach Hirsau und zurück. Der geräuschlose Ritt ist 29 Kilometer lang und mit ordentlich Steigungen versehen.

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VORMACHER Wolfgang und Aloisia Streicher aus Weil der Stadt-Merklingen (D, BW, Kreis Böblingen) verleihen Elektro-Mopeds und -Roller.

Vorher war ich aber noch mit Wolfgang und Aloisia Streicher in Weil der Stadt-Merklingen (Kreis Böblingen) verabredet, denn mein „Stromerle“ ist eines von ihren. Die beiden haben es mir freundlicherweise für ein paar Stunden ausgeliehen. Wolfgang und Aloisia sind echte E-Moped Enthusiasten und kennen sich sehr gut aus. In ihrer Garage in Merklingen stehen mittlerweile elf von der Sorte.

„Für die E-Mopeds und die E-Roller reicht ein ganz normaler Auto-Führerschein oder der klassische Moped-Führerschein, der heute AM heißt“, erklärt Wolfgang (64). Mittlerweile fährt auch Ehefrau Aloisia (60) mit Vorliebe mit dem „Stromerle“. Die Leidenschaft für die kleinen elektrischen Gefährte entfachte ein Pilotprojekt der EnBW vor gut acht Jahren.

"Für E-Mopeds reicht ein ganz normaler Auto-Führerschein oder der klassische Mopedführerschein, der heute AM heißt."

In der Garage der Streichers stehen mehrere Typen von E-Mopeds, darunter Tiefeinsteiger, mit Wind- und Spritzschutz, sowie Platz für den kleinen Einkauf. Und eine Retro-Variante, die aussieht wie ein Klassiker. Beide Varianten sind Einsitzer: Hinten drauf sitzen geht also nicht. Neben E-Mopeds haben Wolfgang und Aloisia auch Elektro-Roller, in gedecktem Schwarz und in poppigen Farben, wie Mintgrün und Rot. Die Roller haben mit vollen Akkus Reichweiten von bis zu 130 Kilometern.

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GRENZLAND Am Hörnle oberhalb von Möttlingen wechselt die Landschaft ihr Gesicht. Das Heckengäu im Rücken, kommt der Schwarzwald in Sichtweite.

Über Berg und Tal

Für meine kleine Schwarzwaldtour steht die Retro-Variante mit vollen Akkus bereit. Schwarz, mit großer Frontlampe und einem extrabreiten, gefederten Ledersattel macht das nur 45 Kilogramm leichte Gefährt Eindruck. Am fiktiven Tank, in dem die Batterie untergebracht ist, steckt der Zündschlüssel. Einmal gedreht bekommt der Radnabenmotor Saft und die Fahrt kann losgehen. Aber nur mit Helm, denn das ist Pflicht.

Durch die Ortsmitte surrt mein Gefährt Richtung Kreisgrenze. Innerorts schwimmt das E-Moped mit 45 Sachen auf dem Tacho im Straßenverkehr gut mit. Moderate Anstiege meistert der Elektromotor immerhin noch mit gut 40 Stundenkilometern. Das ist ausreichend schnell. An der sogenannten Merklinger Steige, mit mehr als 12 Prozent Anstieg, geht der Antrieb aber dann doch in die Knie. Der Motor quält sich mit seinem gut 80 Kilogramm schweren Passagier im Schneckentempo nach oben. Aber er schafft es, beißt sich durch, und erholt sich sofort wieder, als die Steigung nachlässt.

Nur 10 Minuten nach dem Start, am Hörnle über Möttlingen (Kreis Calw), genieße ich den herrlichen Ausblick auf den beginnenden Nordschwarzwald.


Fotostrecke

hochblau Magazin - Burg Bad-Liebenzell - Copyright Hans-Jörg Ernst
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hochblau Magazin - Kurpark Bad-Liebenzell - Copyright Hans-Jörg Ernst

Kaffeepause: Der Kurpark in Bad-Liebenzell lädt zum Flanieren ein.


Hinter dem Ort Unterhaugstett führen Serpentinen hinunter in den Kurort Bad Liebenzell. Unten lädt der Kurpark entlang der Nagold zum Flanieren ein. Es gibt Restaurants und Cafés.

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SPURENSUCHE Die Klosterruine (links) mit der Ruine des Jagdschlosses (hinten rechts) in Calw-Hirsau

Von hier ist es nicht mehr weit, bis nach Hirsau zu den sehenswerten Klosterruinen. Das Kloster war zeitweise eines der bedeutendsten Deutschlands. 1091 wurde die Klosterkirche St. Peter und Paul geweiht. Erhalten sind nur Reste der Grundmauern und der Eulenturm, ein romanischer Glockenturm, den ein geheimnisvolles, umlaufendes Figurenfries ziert.

Hans-Jörg Ernst


Fotostrecke

hochblau Magazin - Reste Kreuzgang Kloster Hirsau - Copyright Hans-Jörg Ernst
hochblau Magazin - Figuren am Eulenturm in Hirsau - Copyright Hans-Jörg Ernst
hochblau Magazin - Ruinen Jagdschloss Hirsau - Copyright Hans-Jörg Ernst

Für Entdecker: Klosterruine mit Jagdschloss in Hirsau

hochblau Magazin 2019 © hochblau

TOURDETAILS
Die beschriebene Tour startet und endet in Weil der Stadt-Merklingen und führt auf normalen Straßen über Möttlingen, Unterhaugstett, Bad Liebenzell, Hirsau und über Simmozheim retour. Die reine Fahrzeit beträgt etwa eine Stunde. Die Streckenlänge etwa 29 Kilometer.

SEHENSWERT
Der Kurpark in Bad-Liebenzell und die Klosterruinen in Calw-Hirsau. An der Strecke gibt es mehrere Restaurants und Cafés.

Die Klosteranlage in Hirsau, mit dem Kreuzgang, dessen Neubau 1474 begonnen wurde, ist gotisch. Vom Kreuzgang sind nur Grundmauern und einige Fenster erhalten. Das benachbarte Jagdschloss stammt aus der Renaissance (1592).

E-MOPED AUSLEIHEN
Kann man bei Wolfgang und Aloisia Streicher in Weil der Stadt-Merklingen. Neben einer netten Einweisung und jeder Menge Tipps, bekommt man bei Wolfgang und Aloisia auch ausgearbeitete Tourenpläne, mit Sehenswürdigkeiten und Gastronomie an der Strecke.

Kontakt:
Wolfgang und Aloisia Streicher, D-71263 Weil der Stadt, Dr.-Dietter-Straße 2
Telefon: +49 (0) 151 14 38 62 21

Weitere Infos zu e-classik hier:
e-classik.de

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Mit dem E-Roller auf großer Fahrt (Reportage)

HINWEIS DER REDAKTION
Hirsau ist ein Stadtteil der Hermann Hesse-Stadt Calw.

ABBILDUNGEN
Alle Fotos: © Hans-Jörg Ernst


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