Mit dem Elektro-Roller auf großer Fahrt

INTERVIEW Zwei Elektro-Roller mit je etwa 130 Kilometer Reichweite. Zwei Elektro-Enthusiasten im Sattel und etwas Gepäck. Sechs Tage und 650 Kilometer Strecke. Deutschland, Österreich und die Schweiz. Der Bodensee und der Schwarzwald. Wolfgang und Aloisia Streicher haben dieses Abenteuer unternommen. Wir haben mit ihnen vor und nach der Tour gesprochen.



Wolfgang und Aloisia Streicher mit E-Rollern in Bad Liebenzell

ROLLERVERGNÜGEN Wolfgang und Aloisia Streicher sind mit ihren Elektro-Rollern 650 Kilometer weit gefahren. Foto: PR/e-classik Wolfgang Streicher

Eine längere Tour, mit ihren elektrisch angetriebenen Zweirädern, haben Wolfgang (64) und Aloisia Streicher (60) schon lange geplant. Als ein mögliches Ziel hatte das Ehepaar aus dem Weiler der Städter Ortsteil Merklingen (D, BW) den fast 200 Kilometer vom Heimatort entfernten Bodensee ausgemacht. Drei Länder grenzen an das etwa 63 Kilometer lange "Schwäbische Meer" im Alpenvorland: Deutschland, Österreich und die Schweiz.

VORMACHER Wolfgang und Aloisia Streicher aus Weil der Stadt-Merklingen (D, BW, Kreis Böblingen) verleihen Elektro-Mopeds und -Roller.

VORMACHER Wolfgang und Aloisia Streicher aus Weil der Stadt-Merklingen (D, BW, Kreis Böblingen) verleihen Elektro-Mopeds und -Roller. Foto: Hans-Jörg Ernst

Endlich war es soweit: die große Tour geplant, die Koffer - oder besser gesagt - das Gepäck für die Elektro-Roller (E-Roller) gepackt. Letzte Zweifel waren ausgeräumt und die Anspannung hatte ihren Höhepunkt überschritten. Am Dienstag, 23. Juli 2019, morgens nach einem guten Frühstück, ging es los.

Was alles zu beachten war, das lest ihr hier im Interview, das wir kurz vor der Tour mit Wolfgang und Aloisia Streicher geführt haben. Auch nach Ihrer Ankunft haben wir die beiden Elektro-Mobilisten noch einmal zum Interview gebeten.

Unterwegs berichtete Aloisia Streicher als Reisereporterin in einem Reisetagebuch mit Bildern und Texten.
Zum Reisetagebuch: Mit dem E-Roller auf grosser Fahrt - Reisetagebuch

Elektro-Enthusiasten

Daumen hoch für „Elektromobilität“ heißt es ganz klar bei Wolfgang und Aloisia Streicher. Er passionierter Motorradfahrer, hat auch Aloisia im Sattel ihrer E-Mopeds und -Roller die Liebe zum Zweirad entdeckt. Mit Gasdrehgriff, aber beinahe geräuschlos und ohne Abgase sind ihre Fahrzeuge bis zu 45 Stundenkilometer schnell. „Für die E-Mopeds und die E-Roller reicht ein ganz normaler Auto-Führerschein oder der klassische Moped-Führerschein, der heute AM heißt“, erklärt Wolfgang. Es besteht Helmpflicht.

In der Garage der Streichers stehen mehrere Typen von E-Mopeds, wie der Meijs Motorman im Retrodesign ➀, und eine ganze Batterie E-Roller, in gedecktem Schwarz und in poppigen Farben, wie Mintgrün und Rot. Die Roller haben mit vollen Akkus Reichweiten von bis zu 130 Kilometern.


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Interview vor der Tour

Was bewegt die beiden Elektromobilisten in den letzten Tagen vor dem großen Abenteuer. Wir wollten das wissen und haben nachgefragt.

HOCHBLAU Ist es die bisher längste Tour? Wie lang sind die Touren sonst im Durchschnitt?

ALOISIA STREICHER Die Tour zum Bodensee mit dessen Umrundung und der Rückfahrt über den Schwarzwald, das ist ein Faktor 10 mehr, als unsere üblichen Touren. Unsere geführten Touren hier in der Region dauern etwa 3,5 bis 7 Stunden und sind etwa 50 Kilometer lang, je nachdem wo es hingeht.

NOSTALGISCH Entdeckt am Wegesrand bei Rottenburg am Neckar

NOSTALGISCH Entdeckt am Wegesrand bei Rottenburg am Neckar. Foto: Aloisia Streicher

WOLFGANG STREICHER Das wird auf jeden Fall die längste Tour. Sogar die einzelnen Etappen sind länger. Im Schnitt legen wir etwa 100 Kilometer pro Etappe zurück und das an sechs Tagen.

Wer hatte die Idee zu dieser Tour?

ALOISIA Die Idee schwelt in mir schon länger, seit gut zwei Jahren. Damals waren wir mir der Retro-Variante unserer E-Mopeds am Bodensee, hatten die Zweiräder aber dorthin transportiert. Mit der größeren Reichweite der E-Roller von emco kam mir die Idee, die Strecke könnten wir doch komplett fahren. Eben ein richtiges Abenteuer. Auch der damit verbundene, etwas reduzierte Urlaub, also ohne viel Gepäck, gefällt mir.

Wie lang war die Vorbereitungszeit? Und wie bereitet man sich überhaupt vor? An was muss man alles denken? Es sind ja immerhin 560 km Strecke.

WOLFGANG Wir haben zuerst einmal einen guten Tourenplan ausgearbeitet. Wo fahren wir überhaupt. Dabei mussten wir uns auch nach passenden Hotels an der Strecke und den Lademöglichkeiten zum "Auftanken" der Akkus richten. Wir fahren ja keine ebenen Strecken, sondern haben Berge drin, wie zum Beispiel den Kniebis (Anmerkung der Redaktion: Der Kniebis ist ein bis zu 971 Meter hoher Bergrücken im Schwarzwald) und da reduziert sich die Reichweite der E-Roller. Das heißt, wir brauchen immer einen Puffer. Wir planen im Mittel mit etwa 80 bis 90 Kilometer Reichweite. Wir brauchen also theoretisch immer eine "Stromtankstelle" auf der Strecke.

ALOISIA Das war auch eine Vorgabe an die Hotels: ein Doppelzimmer mit Frühstück und zwei Steckdosen. (Lacht) Wir haben schon gemerkt, die Anfrage ist nicht alltäglich. Aber normale Steckdosen reichen, wie für E-Bikes.

MIT VERBRENNER Zündapp-Museum der Brauerei Zoller-Hof in Sigmaringen

MIT VERBRENNER Das Zündapp-Museum der Brauerei Zoller-Hof in Sigmaringen zeigt Motorrädern, das Automobil "Janus" und rund 100 weitere Exponate der Marke Zündapp. Eine Zeitreise in die Jahre 1917 bis 1984. Foto: Aloisia Streicher

Was muss jeder E-Roller tragen, außer seinem Fahrer? Soll bedeuten: Was muss alles mit. Oder gibt es für das Gepäck einen Shuttle-Service?

Die Frage amüsiert die beiden.

ALOISIA Nein, kein Shuttle-Service. Wir fahren sehr minimalistisch. Und Wolfgang weiß als Motorradfahrer genau, wie man packen muss.

WOLFGANG Jeder hat ein Top-Case mit 36 Liter Fassungsvermögen. Und dazu eine Gepäckrolle. Einer hat die Regensachen in seiner Gepäckrolle und der andere die Wellness-Sachen, zum Beispiel die Bademäntel. Die brauchen wir für unseren Abstecher zur Baderalm ★. Zwei kleine Ladegeräte sind in den Batteriefächern und ein großes Ladegerät muss in eines der Top-Cases. Neben Steckerleiste, Adapter für die Schweiz, Verlängerungskabel und Werkzeug.

Gibt es schon Lampenfieber? Am Dienstag, den 23. Juli, geht es los. Um wieviel Uhr? Heißt es am Dienstag dann ganz früh aufstehen und los oder erst einmal gemütlich frühstücken?

WOLFGANG In der Vorbereitung war das Lampenfieber größer. Jetzt wissen wir, wo wir fahren müssen, wo es hingeht. Für alle Fälle haben wir ein Roller-Navi und unsere Smartphones dabei.

ALOISIA Am Dienstagmorgen geht es nach einem entspannten Frühstück los. So gegen 9 Uhr. Erste Station ist Rottenburg am Neckar. Die haben dort Ladesäulen in Schubladen. Wir sind schon gespannt.

Das Interview führte Hans-Jörg Ernst


Teil 1: Mit dem Elektro-Roller auf großer Fahrt - Interviews
Teil 2: Mit dem Elektro-Roller auf großer Fahrt - Reisetagebuch


Interview nach der Tour mit Fazit

Sechs Tage, drei Länder, Bodensee, Schwarzwald und gut 650 Kilometer später. Was haben Wolfgang und Aloisia Streicher auf ihrer großen Tour erlebt? Wir wollten das wissen und haben sie nach ihrer Rückkehr interviewt.

HOCHBLAU Zuerst einmal danke für die tollen Etappenberichte und die schönen Bilder. Und Gratulation, dass alles so gut geklappt hat, auch wenn es, wie wir im Tourentagebuch gelesen haben, im Schwarzwald beinahe einen „Ladeengpass“ gegeben hätte.

WOLFGANG STREICHER Ja, die Lademöglichkeiten sind nicht immer auf Elektroroller ausgerichtet. Oft denken die Verantwortlichen nur an Elektroautos.

DAUMEN HOCH Auch wenn es in Bezug auf die Ladeinfrastruktur noch viel zu tun gibt, sagt Aloisia Streicher.

DAUMEN HOCH Auch wenn es in Bezug auf die Ladeinfrastruktur noch viel zu tun gibt, sagt Aloisia Streicher. Foto: Wolfgang Streicher

Sechs Tage, drei Länder. Wie war es unterm Strich?

WOLFGANG Die Tour war sehr schön und erlebnisreich. Die Infrastruktur der Lademöglichkeiten in den Unterkünften und in den Ortschaften muss aber auf jeden Fall optimiert werden.

Was sollte verbessert werden?

WOLFGANG Die öffentlichen Ladesäulen sollten auf jeden Fall auch mit Schuko-Steckern ausgestattet sein. Wir hatten zwei Ladesäulen, die laut App einen Schuko-Stecker haben sollten, aber keinen aufwiesen. Das hat uns, trotz guter Planung, in Verlegenheit gebracht.

ALOISIA Auch eine überdachte Lademöglichkeit wäre wünschenswert, da die Ladegeräte zum Laden trockenstehen müssen. Das haben wir auch nicht überall angetroffen.

Wie haben sich die Elektro-Roller geschlagen?

WOLFGANG Prima. Es hat sich gezeigt, dass diese Tour nur möglich war, weil unsere E-Roller eine Akkuleistung von bis zu 130 Kilometern haben. Je nach Fahrstil, Gelände und Eigengewicht sind die 130 Kilometer nicht immer zu erreichen. Man hat aber die Sicherheit zwischen 80 und 100 Kilometer weit zu kommen. Und wenn es doch mal eng wird, kann man durch eine Steuerung der Geschwindigkeit die Reichweite beeinflussen und optimieren.

ALOISIA Was sich auch als sehr wichtig herausgestellt hat, ist bei der Planung mögliche Ausweichstrecken mit einzubeziehen, wegen unerwarteter Autostraßen. Da reichen kurze Abschnitte. Sehr hilfreich war hier ein Navi, als Ergänzung zu unserem Streckenplan. Und ebenso wichtig: alternative Ladepunkte festlegen.

Durch diese "Unwägbarkeiten" (Autostraßen und Ladepunkte), waren es ja gut 100 Kilometer mehr Strecke als geplant.

ALOISIA Das stimmt. Wir haben tatsächlich fast 650 Kilometer mit unseren Rollern zurückgelegt. Nach Plan wären es 560 gewesen.

Wie teuer war der „Sprit“ unterwegs?

WOLFGANG (lacht) Die Kosten für etwa 100 Kilometer belaufen sich in der Regel auf weniger als 1 Euro pro Elektro-Roller. Das hat sich auch in der Praxis so dargestellt.

Das Interview führte Hans-Jörg Ernst


Teil 1: Mit dem Elektro-Roller auf grosser Fahrt - Interviews
Teil 2: Mit dem Elektro-Roller auf grosser Fahrt - Reisetagebuch


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hochblau Magazin 2019 © hochblau

Tour-Details
Die beschriebene Tour startet und endet in Weil der Stadt-Merklingen (D, BW, Kreis Böblingen) und führt auf normalen Straßen über Herrenberg, Rottenburg am Neckar, Sigmaringen, Überlingen am Bodensee, Lindau Bregenz (Österreich), die Schweizer Bodenseeseite, Konstanz (wieder Deutschland), Singen, Donaueschingen, Schramberg und die Baderalm in Oppenau. Die Tourendauer beträgt 6 Tage mit 5 Übernachtungen. Die Streckenlänge etwa 560 Kilometer.

E-Roller oder E-Moped ausleihen
Kann man bei Wolfgang und Aloisia Streicher in Weil der Stadt-Merklingen. Neben einer netten Einweisung und jeder Menge Tipps, bekommt man bei Wolfgang und Aloisia auch ausgearbeitete Tourenpläne, mit Sehenswürdigkeiten und Gastronomie an der Strecke. Bald ist vielleicht auch die große Tour an den Bodensee mit dabei.

Kontakt:
Wolfgang und Aloisia Streicher, D-71263 Weil der Stadt, Dr.-Dietter-Straße 2
Telefon: +49 (0) 151 14 38 62 21

Weitere Infos zu e-classik hier:
e-classik.de ➥

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Reportage "Mit dem Elektro-Roller auf großer Fahrt" (2 MB)

Der Artikel ist im hochblau Magazin Ausgabe 1/2019 vom 19.09.2019 erschienen (Seiten 56-61).
Hier findest Du noch mehr Inhalte aus der Ausgabe 1/2019.

Abbildungen
© PR/ e-classik Wolfgang Streicher (Titelbild), Hans-Jörg Ernst (Porträtbild Streicher), Wolfgang und Aloisia Streicher (alle weiteren Bilder im Text)


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