Glühwein in vielen Variationen

UNTERWEGS ALS GLÜHWEINTESTER Die Variantenvielfalt beim Glühwein, der auf großen und kleinen Weihnachtsmärkten in der Region angeboten wird, scheint fast unbegrenzt zu sein. Einen klaren Trend gibt es nicht. Eine Reportage, in Szene gesetzt von Jean Secré.

Was wäre ein Weihnachtsmarkt ohne Glühwein? Das beliebte alkoholische Heißgetränk gibt es in nahezu unbegrenzt vielen Facetten: aus Weißwein, aus Rotwein oder einer Weinmischung, veredelt mit den unterschiedlichsten Gewürzen, Fruchtsäften oder Spirituosen. So unterschiedlich wie die Mixturen sind auch die Preise für einen Becher Glühwein.

Entdeckt haben wir ihn als Schwedenpunsch mit Kardamom, als Glühwein mit Orangensaft oder mit Kräutern und heißer Milch. Einen Trend scheint es hier nicht zu geben. Nur so viel kann man sagen, der klassische rote, etwas trocken-herbere Glühwein kommt immer an und sein weißer, etwas süßlich-milderer Gegenspieler wurde in den vergangenen Jahren immer beliebter. Wichtig sind die besondere Note und ein typischer Geschmack.

Wie vielfältig das Glühweinangebot auf den Weihnachtsmärkten der Region ist, das hat unser Test gezeigt.

VARIANTENREICH Die Variantenvielfalt beim Glühwein, der auf großen und kleinen Weihnachtsmärkten in der Region angeboten wird, scheint fast unbegrenzt zu sein.

VARIANTENREICH Die Variantenvielfalt beim Glühwein, der auf den Weihnachtsmärkten angeboten wird, scheint fast unbegrenzt zu sein.

Ein Hauch von Zimt

Der zuerst besuchte Weihnachtsmarkt, ein eher kleiner Markt zierte mit schön geschmückten Holzbuden und mal mehr, mal weniger dekorierten Partyzelten den Rathausplatz des Ortes.

Den Stand des dortigen Angelsportvereins veredelte Schnee, allerdings bei plus zwei Grad solcher aus Filz. Angeboten wurde weißer Glühwein, dessen Duft die Nase belohnte.

„Unser Glühwein ist selbst gemacht, mit Weißwein und Gewürzen“, erklärte Vereinsvorstand Toni und zeigte eine Flasche des Württemberger Weißwein Cuvée, mit dem der Glühwein angesetzt wurde.

„Nach Familienrezept“, versteht sich. Deutlich war ein bekanntes Gewürz herauszuschmecken. „Das ist Zimt“, klärte Toni auf und schmunzelte stolz.

An fast allen Buden wurde Glühwein und auch solcher mit Schuss ausgeschenkt. Beim Heimat- und Kulturverein gab es stilsicher einen Künstlerpunsch. Das Künstlerrezept, nach welchem der dunkelorangene Punsch gebraut worden war, wollten Anne und Uwe, die gerade Standdienst hatten, aber nicht verraten. Deutlich war der Maracujasaft aus dem alkoholischen Getränk herauszuschmecken. Einen Hauch Exklusivität entfaltete die angeklemmte Orangenscheibe in Kombination mit der Porzellantasse, in welcher der Punsch serviert wurde.

Der Fußballverein hatte Flammkuchen und reichte dazu, neben heißem Kakao, einen ebenso heißen Lumumba. „Das ist Kakao mit Weinbrand“, erklärte Stürmer Frank. Beim Stand gleich nebenan duftete frisch zubereiteter Crêpes. So süß und heiß, dass er noch dampfte, genau wie der dunkelrote Glühwein. Selbst angesetzt, mit einer großen Portion Direktsaft, schmeckte er beinahe zu stark nach Nelken.

Heidelbeerglühwein und Crêpes

Schon deutlich größer war Weihnachtsmarkt Nummer zwei, der über mehrere Tage auf dem Kirchplatz und auf dem Rathausplatz einer Kleinstadt veranstaltet wurde. Bunte Stände dicht an dicht offerierten ein breites Angebot. Durch die schmale Gasse zwischen den Ständen wurde man unweigerlich vorbeigeschoben an allerlei Selbstgebasteltem, Marmelade, gestrickten Mützen, Sternen aus Holz, Engeln und vielem mehr.

Die Kombination aus Spinat- und Käsewaffeln, Süßem aus der Pralinenwerkstatt und Marmelade ließ uns an einem reich, mit kleinen kunstvoll eingewickelten Geschenken dekorierten Stand verweilen. „Punsch oder Glühwein“, lautete die Frage. Doch beides gab es dort nicht. „Das einzig Alkoholische, was wir haben, das ist unser Weingelee“, lachte Irmgard. Und Erwin neben ihr freute sich mit.

DOMPLATZ Der Salzburger Christkindlmarkt.

DOMPLATZ Der Salzburger Christkindlmarkt.

WEITLÄUFIG Der Weihnachtsmarkt in Strasbourg.

WEITLÄUFIG Der Weihnachtsmarkt in Strasbourg.

Glücklicherweise schenkte der Stand nebenan roten Glühwein aus. Tief dunkelrot bot die dampfende Flüssigkeit einen schönen Kontrast zur schlichten, weißen Porzellantasse, in der sie ausgeschenkt wurde. „Der ist zugekauft“, murrte der Stand-Wirt. Wärmte aber die Finger ordentlich. „Wir hatten auch schon Glühmost, aber das kam hier nicht an“, verriet Egon, der Wirt. Und während sich meine Finger langsam an der heißen Tasse erwärmten, legte Egon an Geselligkeit zu.

Die Nürnberger Bratwürste auf dem Holzkohlegrill des Schwimmklubs dufteten lecker. Auch Heidelbeerglühwein fehlte auf dem Weihnachtsmarkt nicht. Ein Stand verkaufte gar alkoholische Crêpes mit Rum und Eierlikör.

Glühende Lava über'm Zuckerhut

An der Holzbude an der Ecke erklärten die Mitglieder des Männergesangvereins bereitwillig, was sie gerade taten. Sie setzten bei ihrem Glühwein auf eine badische Weinmischung, gaben sie preis. „Wir kochen nach einem alten Vereinsrezept aus sieben Teilen Rot- und zwei Teilen Weißwein“, erklärte Tenor Thomas, während er mit einem Holzlöffel in einem großen Metalltopf rührte. Dazu kämen Glühweingewürz, Zucker und geschnittene Orangen sowie Zitronen. Der Weingeschmack dominierte etwas zu deutlich den Glühwein, befanden wir Tester, lobten aber den Einsatz der Sänger.

Den Vitaminpunsch ohne Alkohol ließen wir links liegen und wandten uns interessiert dem „Glübo“ zu, einem Glühwein veredelt mit Bockbierwürze, der in der Flasche heißgemacht und auch aus selbiger getrunken wird. Die Flasche geleert und abgegeben, schafften wir nur wenige Meter bis zum Stand der Kaufleute. Der Handelsverein dort setzte auf eine traditionelle Feuerzangenbowle. Bei der kleinen „Feuershow“ tropfte der entzündete 54-prozentige Rum wie glühende Lava am Ätna über den Zuckerhut in die mit Nelken und Zimt verfeinerte Weinmischung.

ILLUMINIERT Porsche Lichtinstallation auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt.

ILLUMINIERT Porsche Lichtinstallation auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt.

Zum Abschluss unseres mehrtägigen Testprogramms gönnten wir uns einen Großstadtweihnachtsmarkt. Stand an Stand, dicht an dicht, in manchen Gassen zu voll. Herrlich dekoriert. Eine Augenweide und manches Mal am Abend ein Kampf um einen freien Stand- oder Sitzplatz. Es war viel los. Die Sonne begann sich strahlend von uns zu verabschieden. Die Temperaturen lagen glühweinfreundlich deutlich unter null.

Es gab an den Ständen nahezu alles, was einem zu Weihnachten an Kleinigkeiten so in den Sinn kommt. Nützliches und Unnützes, Schönes und Kitschiges.

Naturgemäß waren die Essensstände mit einer Traube Menschen umlagert. Das Gedränge besiegt, orderten wir erst einmal einen heißen Likör, kredenzt in einem kleinen Glas und mit einer Zimtkrone geschmückt. Der in der Region hergestellte Likör kam auf etwa 20 Volumenprozent Alkohol und schmeckte süß. „Den trinkt man bei uns pur, mit Zimtkrone oder Sahnehäubchen“, freute sich der Standbetreiber. Wie wir erfuhren, lässt er sich auch gut als Schuss im Glühwein verkonsumieren. „Dann natürlich aus der Glas-Tasse“, betonte Standbetreiber Tim.

Honig-Met und Feuerschein

Mitten im Getümmel trafen wir Samy und Leonie, die mit ihrer ganzen Clique den Markt besuchten. „Wir stehen auf den puren Glühwein“, erklärte Leonie. An ihrem Lieblingsstand wird der zugekauft. „Wir finden aber, dass er einen typischen, unverwechselbaren Geschmack hat“, machte sich Leonie für das Getränk stark. „Superlecker“, unterstrich sie. Wir machten den Test. „Stimmt!“ Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Winzerglühwein, vertrieben von einer regionalen Winzergenossenschaft.

Mit harter Grenze lösten weiße Zelte die Holzbuden ab. Augenscheinlich standen wir mittendrin, im Mittelaltermarkt. Fackeln und wärmende Feuerschalen erleuchteten die hereinbrechende Nacht. Ein Barde gab ein Lied zum Besten, dessen feuchtfröhliche Textstrophen uns wieder zurückführen, zum eigentlichen Grund des Marktbesuchs. Dem Glühweintest.

Just in diesem Moment fanden wir das passende Versuchsobjekt, einen weißen Met. Gelblich leuchtete der Saft in der Glas-Tasse. „Das hier ist Metwein, also anstatt Traubensaft wird Honig vergoren und mit Gewürzen verfeinert“, wurden wir vom freien Ritter Harald aufgeklärt. Entsprechend süß, eben wie warm gemachter Honig, schmeckte der heiße Met. Und während wir noch vorsichtig an ihm nippten, flogen vom Nachbarzelt Funken knisternd in den Nachthimmel. Mit lauten Hammerschlägen bearbeitete ein Schmid sein glühendes Eisen, während um ihn herum der Weihnachtsmarkt pulsierte und wir uns dem nächsten Glühweinabenteuer zuwandten.

Jean Secré

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Auszug aus hochblau Magazin Special 2019 vom 28. November 2019 - Seiten 46 bis 49

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ABBILDUNGEN
Titelbild: Weihnachtsmarkt © Serenkonata/stock.adobe.com
Weitere Bilder: Glühwein © Sea Wave/stock.adobe.com; Salzburger Christkindlmarkt © eyetronic/stock.adobe.com; Weihnachtsmarkt Strasbourg © Alexi Tauzin/stock.adobe.com; Glanzlichter Stuttgart © Hans-Jörg Ernst


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